Die Märkte, die Spieltheorie und die Lebenspraxis: Prof. Selten

Gastbeitrag der Sky Finanz AG

In der Vielstimmigkeit und anhaltenden Diskussion zum Thema EURO, Stabilität und Zukunftsfähigkeit der Euro-Zone hat nun ein wirklicher Experte das Wort:

Nobelpreisträger Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Reinhard Selten, Volkswirt und Mathematiker. Im Jahr 1994 erhielt er als bisher einziger Deutscher zusammen mit John Forbes Nash und John Harsanyi den Wirtschaftsnobelpreis für die gemeinsamen Leistungen auf dem Gebiet der Spieltheorie. Prof. Selten ist Mitglied der Econometric Society und der European Economic Association (EEA), deren langjähriger Präsident er war. Er ist ferner Ehrenmitglied der American Economic Association (AEA). Zudem ist er ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste, außerordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und auswärtiges Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Sciences.

Der Spitzenwirtschaftswissenschaftler forderte eine Neuauflage des Stabilitäts- und Währungspakts in der Euro-Zone. „Am Ende muss ein neuer Vertrag stehen, der wechselseitige Hilfe umfasst und im Gegenzug eine strengere Aufsicht über den, der die Regeln nicht einhält.“ Prof. Selten verteidigt vehement die Währungsunion. Die Mehrheit der Wissenschaftler sei bei der Einführung des Euro gegen die Gemeinschaftswährung gewesen, sagt der Nobelpreisträger. „Aber ich bin bis heute der Überzeugung, dass es richtig war.“

„Ich stolz darauf, als Teilnehmer an dem universitären Spitzenforschungsprogramm bei Prof. Selten seinerzeit mitgewirkt zu haben“, erinnert sich Sandro Valecchi, Analyst bei SKY FINANZ AG: „Und ich habe viel dabei gelernt.“ Die Spieltheorie von Prof. Selten verfeinert den Begriff des Nash-Gleichgewichts, bei dem sich jeder Spieler (in Realität: Akteure und Marktteilnehmer) in einer optimalen Lage befindet und für sich keinen Vorteil erzielen kann, indem er einseitig von seiner Strategie abweicht. Das sog. „Konzept des teilspielperfekten Gleichgewichts“ verlangt, dass das Nash-Gleichgewicht nicht nur im Spiel als Ganzem, sondern auch in all seinen Teilen besteht. „Diese Erkenntnisse helfen dem Verstehen der Interaktionen an den Märkten“, sagt Analyst Sandro Valecchi. „Die Spieltheorie lässt sich beispielsweise auf jede Art von Verhandlungssituation anwenden, auch auf politische“, vertieft der Spitzenwissenschaftler Prof. Selten. „Sie schärft den Blick für strategische Interaktion. Dem Verhandelnden fällt es leichter, die erwartete Reaktion seines Gegenspielers sowie daraus resultierende Konsequenzen in seine eigene Entscheidung einfließen zu lassen. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass die Spieltheorie die eingeschränkte Rationalität der Menschen nicht ausreichend berücksichtigt.“

„Das kann sie auch nicht, weil der Mensch halt eben immer in einem gewissen Umfange (mal mehr – mal weniger)irrational reagiert, wie wir dies unter dem Stichwort „Herdenverhalten“ an den Aktienmärkten feststellen“, ergänzt Analyst Sandro Valecchi.

Unter dem Stichwort „Panik an den Börsen – kommt jetzt der große Absturz“ befasste sich ein Meinungsgremium im Presseclub der ARD am 21.08.2011 im Rahmen einer Nachbewertung und Einschätzung der irrationalen Verhaltensweisen an den Märkten. Thomas Fricke, FTD, sieht die deutsche Wirtschaft gut aufgestellt und befürchtet eine wirkliche Gefahr nur dann, wenn es zum Zusammenbruch des sog. Interbankenhandels (Subprime Krise 2007/2008) kommen sollte. Herr Krumrey, Wirtschaftswoche, fordert von den Banken eine Haftung für Verluste, „wenn es wieder schief geht.“

„Die Balance muss wieder hergestellt werden“, meint Sandro Valecchi von SKY FINANZ. Prof. Selten entwickelte 1965 das Konzept des teilspielperfekten Gleichgewichts und 1975 das Konzept des trembling-hand-perfekten Gleichgewichts. 1994 wurde ihm für seinen Beitrag in der Spieltheorie der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verliehen, zusammen mit John Harsanyi und John Forbes Nash jr. Er ist zudem für seine Arbeiten im Bereich der „Eingeschränkten Rationalität“ bekannt (sog. Anspruchsanpassungstheorie von Sauermann und Selten und das Konzept des Imitationsgleichgewichts von Ostmann und Selten), und er zählt zu den Begründern der experimentellen Ökonomie.

Wem die Spieltheorie zu abstrakt oder zu kompliziert erscheint, sollte an das mehr oder weniger bekannte Spiel „Die Siedler von Catan“ denken, ein 1995 im Kosmos-Verlag erschienenes Brettspiel von Klaus Teuber. In der konstruktiv-kooperativ aufgebauten Simulation erbauen die Spieler auf der fiktiven Insel Catan Siedlungen, welche Rohstoffeinnahmen bringen, mit denen Straßen, neue Siedlungen und Städte gebaut sowie Figuren zur Verteidigung ausgeschickt werden können. Für erbaute Siedlungen und Städte erhalten die Spieler ebenso wie für die längste Handelsstraße und größte Siedlungs- und Wirtschaftsmacht Siegpunkte. Gewinner ist, wer zuerst eine bestimmte Anzahl solcher Siegpunkte erreicht.

„Mich ärgert die kontraproduktive Vielstimmigkeit, insbesondere aus dem Bereich von nicht qualifizierten Politikern, die bislang weder konstruktive Vorschläge unterbreiten konnten, noch über den wirtschaftsökonomischen Sachverstand verfügten“, beklagt Analyst Sandro Valecchi. „Ich denke, der Weg von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble in eine stärkere Gemeinschaft der Finanz- und Wirtschaftspolitik wird von der Mehrheit in der Wirtschaft befürwortet, positiv bewertet und wird sich ungeachtet aller Widerstände durchsetzen“, sagt Herr Valecchi, SKY FINANZ AG.

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