Gastartikel von Sandro Valecchi
Die italienische Börsenaufsicht hatte die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) zum Gespräch gebeten und im Rahmen einer Befragung um Auskunft ersucht, wie es um die Faktenlage um eine von S&P zuvor dargebotene Analyse des italienischen Sparpaketes bestellt ist. „Wissen oder Vermutung, jetzt müssen die Fakten auf den Tisch“, konstatiert Sandro Valecchi vom Team SKY FINANZ AG. „S&P ist offenkundig weit über das Ziel hinausgeschossen, weil es sich übereilt zu einer Bewertung hat hinreißen lassen, ohne die Fakten zu prüfen oder zu kennen.“ In einer zweistündigen Befragung durch die Börsenaufsicht Consob musste S&P um Antworten ringen. Pikant: Zahlreiche Details des Sparplans sind noch unter Verschluss. Allerdings sollen noch – ganz Gentlemenlike – Unterlagen von S&P nachgereicht werden, so zumindest die Ankündigung von S&P.
Italien hatte vor wenigen Tagen ein milliardenschweres Sparpaket mit Einsparzielen in Höhe von etwa 47 Mrd. Euro aufgelegt, das in der vergangenen Woche vom Kabinett verabschiedet wurde. Italien reagiert damit just-in-time und trotzt der Schuldenkrise mit der Zielstellung eines ausgeglichenen Haushaltes zum Jahr 2014. Fitch Ratings, Moody’s und Standard & Poor’s, die großen 3 Rating-Agenturen, die bis heute keine gleichwertige Europäische Rating-Agentur fürchten müssen, hatten den Bogen zuletzt überspannt, weil nicht nur Griechenland im Blickfeld der Abwertung stand: Belgien wurde wegen der Regierungskrise unter Druck gesetzt, Spanien wegen der hohen Arbeitslosenzahlen herabgesetzt, Italien als drittgrößte Volkswirtschaft mit der zweitgrößten Goldreserve in Europa (hinter Deutschland) unter „Generalverdacht“ gestellt und überhaupt wurde an den Mitgliedstaaten der Euro-Zone kein gutes Haar gelassen. Die Bonitätsnote für Brasilien, dass massiven Raubbau an der Ressource tropischen Regenwald betreibt, herauf- und das Rating für Portugal herabgesetzt. Was hingegen die extreme Schuldenlast des US-Haushaltes in Höhe von 14 Billionen USD betrifft, fast so viel wie die jährliche Wirtschaftsleistung der USA, vermochten sich die 3 großen Agenturen noch nicht durchringen zu können. Und weitere 4,22 Milliarden USD kommen jeden Tag hinzu. Die US-Regierung kommt ins Schlingern, wenn bis 02.08.2011 nicht die Schuldenobergrenze erhöht wird.
Zu eng sind deren Bewertungen mit nationalen Interessen verknüpft. In Zukunft sollen klare Standards für Risikobewertungen und Rating-Agenturen gelten. „Wer sich nicht an entsprechende Regularien hält, wird des Platzes verwiesen“, kündigt die neue europäische Wertpapieraufsicht ESMA an. Vom US-Derivate Verband, International Swaps and Derivatives Association (ISDA), kassierte S&P eine schallende Ohrfeige: „So wie ich Frankreichs Plan verstehe, handelt es sich gewissermaßen um einen freiwilligen Roll-Over und im Allgemeinen werden durch einen freiwilligen „Roll-Over“ keine Kreditausfall-Versicherungen (CDS) fällig“, teilte der Derivate Verband mit und unterstreicht damit die Seriosität der aktuellen „Roll-Over-Initiative“ für Griechenland. Die ISDA hat das letzte Wort, wenn es darum geht, ein Kreditereignis festzustellen.
Der Weg zu einer Europäischen Rating-Agentur ist nur noch eine Frage der Zeit. Das Hamburger Weltwirtschafts-Instituts (HWWI), bekräftigt die unbedingte Notwendigkeit, die Macht und vor allen Dingen das Monopol der großen 3 Rating-Agenturen einzuschränken und wieder zu anderen Maßstäben der Bewertung zurückzukehren. Georg Fahrenschon, Bayerischer Staatsminister der Finanzen, konstatierte in der „Passauer Neuen Presse“: Gerade die US-Ratingagenturen hätten vor der Finanzmarktkrise als Frühwarnsystem und bei der Einschätzung von Risiken „eklatant versagt“. „In der Tat vermochten die 3 großen Rating-Agenturen ihr kollektives Totalversagen in der letzten internationalen Finanzkrise mit dem Auslöser US-Hypotheken- und Immobilienmarkt bis heute nicht schlüssig erklären zu können“, stellt Sandro Valecchi, SKY FINANZ, fest.
Die „bösen Ratingagenturen“
Ein Politiker in einer kapitalistischen Marktwirtschaft (Zinsgeld-Ökonomie), der sich über die „bösen Ratingagenturen“ beschwert, gleicht einem Autofahrer, der die „böse Tankanzeige“ dafür verantwortlich macht, dass sein Benzinvorrat zur Neige geht. Der „Benzinvorrat“ ist das „Vertrauen der Anleger“, und ein Politiker hat im Grunde nichts anderes zu tun, als dieses zu erhalten, damit nicht das passiert, was der „Jahrhundertökonom“ Sir John Maynard Keynes als Liquiditätsfalle beschrieb: der irreversible Zusammenbruch des Geldkreislaufs und damit der gesamten Volkswirtschaft.
Dass es in einer Zinsgeld-Ökonomie (zivilisatorisches Mittelalter) keine wie auch immer geartete Finanz- oder Wirtschaftspolitik gibt, um eine Liquiditätsfalle generell zu verhindern, solange unsere seit jeher fehlerhafte Geld- und Bodenordnung so ist, wie sie noch ist, weiß der Politiker nicht, denn das hatte Prof. Dr. J. M. Keynes von der ehrwürdigen University of Cambridge wohlweißlich verschwiegen, um seine „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“ verkaufen zu können. Keinem anderen Wirtschaftsexperten ist es je gelungen, die hohe Politik so gut zu beschäftigen.
Weil aber der Politiker schon erahnt, dass die einzig denkbare Lösung des Problems, die Natürliche Wirtschaftsordnung (Marktwirtschaft ohne Kapitalismus), alles, was wir heute als „Politik“ bezeichnen, überflüssig macht, bleibt ihm vorläufig nichts anderes übrig, als über die „bösen Ratingagenturen“ zu schimpfen, während die Großsparer dieser untergehenden Welt lieber spekulieren statt investieren. Doch verglichen mit den Flüchen, die unsere lieben Theologen von sich geben, wenn sie aus ihren Träumen erwachen sollen, ist das Gezeter der Politiker natürlich nur ein laues Lüftchen:
http://www.deweles.de/willkommen/cancel-program-genesis.html
Der Berlusconi wird das schon auf seine Art mit den Chefs der Ratingagenturen lösen, da bin ich mir sicher 😉
Bei diesem Thema sowie anderen Themen betreffend ITALIEN sollte man möglichst die 58 Millionen Bürgerinnen und Bürger im Auge behalten. Italien lässt sich nicht auf eine Person reduzieren. Auch andere Staaten möchten sich nicht auf eine bestimmte Person oder Reiz-Figur reduzieren lassen. Für mich ist eine Frage der Fairness und Objektivität. Zudem sind politische Ämter bekanntlich auf Zeit – und diese Zeit läuft bekanntlich ab. Frage: Wenn die Rating-Agenturen angeblich „soooo lieb“ sind, warum schaffen wir nicht einfach alle Deutschen Wirtschaftsprüfer ab ? Wofür brauchen wir Wirtschaftsprüfer ? Wir haben doch 3 Rating-Agenturen ? ! ?
Herzliche Grüsse